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'Jesus und das Geld', Predigt von Eugen Drewermann

Verantwortlicher Autor: Sergej Perelman Paderborn, 07.08.2022, 13:49 Uhr
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Erleuchtete Kapelle in einer Schneelandschaft
Erleuchtete Kapelle in einer Schneelandschaft  Bild: Joe. https://pixabay.com/users/jplenio-7645255/

Paderborn [ENA] Der Theologe, Psychotherapeut und Schriftsteller Eugen Drewermann hielt am 10. Aug. 1986 eine Predigt in der katholischen St. Georgsgemeinde Paderborn zum Thema: "Jesus und das Geld. Angst loslassen, Not lindern, Frieden schaffen" basierend auf Lukas 12, 32-40. Es folgen Auszüge daraus.

"Die Gruppe der Jünger, die im heutigen Evangelium Jesus als 'kleine Herde anredet', ist zahlenmäßig verschwindend, innerlich aber der Anfang einer Kirche. In ihr lebt grade das nicht, was menschliche Gemeinschaften sonst bis ins Zentrum hinein, bestimmt: die Angst vor den Gefahren von draußen. Es muss den Jüngern Jesu mindestens zeitweise, solange Christus bei ihnen war, gegeben gewesen sein, die Menschenfurcht zu vergessen. In dden Jüngern muss sich ein Vertrauen geregt haben, dass es sich nicht lohnt, vor Menschen Angst zu haben. Wohl aber umgekehrt müssen sie fähig gewesn sein, ihr Herz weit zu machen, um den Menschen in einer Größe und Würde zu sehen, wie man sie bis dahin allenfalls den Gottkönigen der Antike zuschrieb."

"Die einfachsten Sklaven Roms konnten den Christen der frühen Kirche gelten wie man ehemals im Alten Ägypten nur den Pharao anredete: als lebendes Abbild Gottes. Es sollte jeder Einzelne im Bewusstsein der persönlichen Freiheit sich fühlen dürfen als Souverän seines Lebens und den Thron seiner Existenz besteigen, dass einzig die Wahrheit in seinem Leben Ausschlag geben sollte. Gilt eine solche Zuversicht, so sollte sich das gesamte Drama der Weltgeschichte noch einmal umschreiben lassen, alle Werte neu bestimmen, und was wir bis dahin Umgang miteinander, Leben in Zeit und Raum genannt haben, völlig neu strukturieren können."

"Das Lukas-Evangelium wird nicht müde die Probe aufs Exempel dafür, wie viel unser Glaube wert sein kann, zentral zu binden an die Frage, wie wir mit Eigentum und Geld umgehen. Eine äußerst praktische Frage, umso mehr unzumutbar schwer für uns, immer wieder. Was Jesus meint, lässt sich ganz leicht verstehen: 'Verkaufe alles, was du hast, und gib den Erlös den Armen.' Was gemeint ist duldet keinen Zweifel. Es ist so simpel zu begreifen, wie wenn jemand sagen würde: Es ist draußen kälter geworden und du musst dich wärmer anziehen."

"Für Jesus ergibt sich die Freizügigkeit im Umgang mit dem Geld wie selbstverständlich aus dem neu gewonnenen Gefühl der Geborgenheit bei Gott und der Angstfreiheit gegenüber den Menschen. Ist es wirklich so, dass ein jeder Mensch etwas unendlich Kostbares ist unter den Augen Gottes, dann gilt es gemeinsam Front zu machen gegen alles, was Menschen entwürdigt und beleidigt; das schreiende Unrecht der Armut an aller oberster Stelle." (6)

"Man kann nicht im Ernst Handel treiben mit Völkern, die wir durch unseren Handel in Schuldensummen treiben von mehr als 100 Mrd. Dollar wie Brasilien, wie Mexiko, wie ganze Teile Lateinamerikas, Afrikas und Asiens. Es ist physikalisch nicht möglich, einen Behälter mit Überdruck in ein Vakuum zu stellen, ohne dass er platzt. Genauso wenig ist es möglich eine Volkswirtschaft aufzubauen nach den Gesetzen des Wohlstands und des wachsenden Profits mitten in einer Welt der wachsenden Verelendung, des Hungers und der Armut. Es wird uns morgen der Bauch platzen. Und vielleicht muss dies erst einmal sein, ehe wir uns wieder daran erinnern, dass Menschen rund um den Globus zusammengehören und sich nicht teilen lassen so praktisch an den Grenzen."

"Wenn irgendetwas statt Zusammengehörigkeit und Sicherheit – ganz im Gegenteil: Trennung, Konkurrenz, Krieg und Verwüstung – bringt, ist es die ganz normale, uns als selbstverständlich und unumstößlich gepriesene und gepredigte Art, Eigentum zu haben und als Recht zu verteidigen. Dies hat Jesus vor 2000 Jahren seinen Jüngern zugetraut, sie könnten die Grundlagen des Zusammen-lebens bis ins Fundament ändern und unter Beweis stellen, dass Menschen leben können nicht gegründet auf den Egoismus, sondern die Solidarität, das Mitgefühl, die Barmherzigkeit und einem Empfinden universeller Verantwortung."

"Was denn wird in 10, 20, 40 Jahren für die meisten, die wir hier sind gelten? Wenn wir uns fragen, was uns ganz sicher in den Händen bleibt, was uns auszeichnet als wertvoll und wofür wir selber werden Respekt und Hochachtung aufbringen können, sins es allemal die Augenblicke, wo wir alles, was wir tun konnten, versucht haben an Nutzen dem Anderen zu ermöglichen und ihm an Freude zu bringen. Der einzige Umgang mit dem Geld, der sich lohnt in den Augen Jesu, besteht darin, es zu verausgaben für den Nutzen Anderer, so viel irgend wir können. Die Formen gelebter Menschlichkeit sind die einzigen, die uns als Menschen schon vor uns selber so etwas geben wie Hochachtung."

"Dies haben wir nicht verdient, dass man uns an der Nase herumführt und für jede Art von Dummheit ausnützt, um damit wieder Geld zu machen und uns zu Sklaven, die wir uns so frei wähnen; immer in dem Irrglauben: Je mehr wir besäßen, desto mehr erweiterte sich der Bereich unserer Verfügungsgewalt. Ganz im Gegenteil: Er wird immer enger, weil unser Herz sich immer mehr einschnürt, immer mehr verfettet, immer unlebendiger wird und dem Tode näher rückt."

"Wirklich zu leben ist ganz einfach. Jedes wirkliche Gefühl, das uns mit irgendeinem anderen Menschen oder auch Lebewesen verbindet in dieser Welt, schenkt uns selbst unendlich viel mehr als alles, was wir totschlagen müssen, um im Sinne von Adam Smith, Recardo und den Nachfolgern fleißig, tüchtig und erfolgreich zu sein."

Die Predigt ist nachzuhören unter: https://www.youtube.com/watch?v=MzHEtbBhqHc

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